Feuchtinhalationen

Fluch und Segen

CR

Christoph Ruwwe-Glösenkamp

14. Januar 2025

Es gibt Therapien die sehr unterschiedlich in ihrer Beliebtheit sind bei Patienten und auch bei Ärzten. Inhalatives Kortison zum Beispiel: eine meiner Hauptaufgaben als Lungenarzt ist es zu erklären, dass inhalatives Kortison viel weniger Nebenwirkungen hat als in Tablettenform. Es ist z.B. beim Asthma in den meisten Fällen SEHR gut wirksam, und hat auch in der Langzeittherapie deutlich weniger Nebenwirkungen als fast alle anderen Medikamente. Trotzdem können sich häufig Patienten nur schwer mit dem Gedanken abfinden, über lange Zeit eine solche Medikation zu nehmen. Wir Ärzte sehen das oft ganz anders, und sind “im Durchschnitt” ziemliche Fans dieses Medikaments.

Bei anderen Therapien sind die Lager nicht zwischen Patienten und Ärzten aufgeteilt, da gibt es auch innerhalb der Ärzteschaft große Befürworter und andere die das kritisch sehen. Feuchtinhalationen sind so eine Therapie. Während einige meiner Kollegen das oft und gerne verordnen, sei es bei Asthma, COPD oder auch nur bei wiederkehrenden Infekten, bin ich sehr zurückhaltend in der Verordnung.

Die Leitlinien und Empfehlungen der großen Fachgesellschaften sind eher auf meiner Seite: Dosieraerosole oder Pulverinhalatoren sollen bevorzugt für die Therapie von Asthma und COPD verordnet werden, Feuchtinhalationen mit dann verschiedenen Medikamenten nur in besonderen Situationen: Kinder, die noch nicht in der Lage sind die Inhalation aus Dosieraerosolen gut zu koordinieren, oder ältere Menschen, die dazu nicht mehr in der Lage sind. Schwerst Lungenkranke, die bei der Einatmung nicht genug Kraft aufbauen können, um z.B. einen Pulverinhalator auszulösen. Oder bei akuten Verschlechterungen im Krankenhaus, bei der ebenfalls die Kraft zur Inhalation vermindert sein kann. Dann gibt es noch das Krankheitsbild der Bronchiektasen (z.B. bei Mukoviszidose), das sind krankhaft erweiterte Bronchien, bei denen Feuchtinhalationen mit Kochsalz indiziert sein können.

Aber das war es dann im Groben auch schon. Für die große Mehrheit spielen Feuchtinhalationen in der täglichen Therapie ihrer Lungenerkrankung keine Rolle und können sogar nachteilig sein. Die Reinigung der Geräte ist gar nicht so einfach, Bakterien fühlen sich in dem feucht-warmen Klima sehr wohl und werden dann möglicherweise eingeatmet. Oft werden Feuchtinhalationen mit atemwegserweiternden Medikamenten auch zusätzlich zu anderen Inhalaten eingesetzt, was das Risiko von Herzrhythmusstörungen erhöhen kann.

Wieso werden sie dann dennoch von einigen Kollegen häufiger verschrieben und von Patienten, teils auch recht nachdrücklich, eingefordert? Sicher ist eine psychologische Komponenten mit dabei, bzw. ein Plazebo-Effekt. Es dampft so schön. Man sitzt längere Zeit daran, viel länger als z.B. ein kurzes Ziehen an einem Dosieraerosol. Das gibt das Gefühl, dass man etwas “für seine Lunge tue”, auch wenn das oft nicht der Fall ist.

Je nach eigener Tagesform bei mir, und wie voll das Sprechzimmer ist, versuche ich Patienten die Feuchtinhalationen manchmal auszureden, manchmal gebe ich dann aber doch klein bei…. In Zukunft werde ich vielleicht, um Zeit zu sparen, auf diesen Artikel verweisen.


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